Futter für das Monster
Nichts verkauft besser als Sex. Warum das so ist, analysiert ein Marketingprofi in seinem neuen Buch.
Der Durchschnittsmann denkt alle zehn Minuten an Sex. Da er seine Lustbereitschaft naturgemäss nicht so häufig ausleben kann, spricht er auf jede denkbare Kompensation an. Frauen denken nicht ganz so häufig an Sex, aber auch in ihren Köpfen ist das Thema mehrmals täglich präsent.
Das Frustrationspotenzial eines sexuellen Wesens nutzt das Marketing mit Geschick aus. Von der Zigarettenwerbung über die Mode bis zum professionellen Sexgewerbe: In sämtlichen Konsumbereichen ist die Sexualität präsent - Tendenz steigend. Diese These vertritt der deutsche Wirtschaftsberater und Marketingforscher Thomas Jendrosch in seinem soeben erschienenen Buch «Sex Sells.»
«Die gezielte Sexualisierung von Produkten und Dienstleistungen wird sich weiter fortsetzen, denn das Lustprinzip verlangt immerzu nach sexueller Ansprache», konstatiert Jendrosch. Mit andern Worten: Wir sind kleine, unersättliche Sexmonster.
Sexuelle Werbereize «heizen dem Konsumenten ein». Sie entlasten das hemmende Gewissen, indem die Werbung eine entschuldigende Vorbildfunktion nutzt. Zudem bietet das Marketing gezielt lustvolle Ersatzbefriedigungen. Wer nicht kann, möchte so tun als ob.
Anzeigenanalysen zeigen beispielsweise, dass vermehrt Grundmotive wie «Erotik» und «Sexualität» Eingang in die Werbung finden. Allerdings sorgt die selektive Beobachtung von Kulturkritikern oft für eine Überbewertung sexueller Motive: «Man meint zu sehen, was man insgeheim gerne sehen möchte», schreibt Jendrosch. Studien zeigten, dass sich nur wenig wirklich «nackte Haut» in der Werbung findet.
Einen typisch kulturkritischen Ansatz vertritt der US-Medienwissenschaftler Neil Postman: «Das Fernsehen erzeugt in der Bevölkerung ständig ein hohes Mass an flanierender sexueller Energie; aus einem Erwachsenengeheimnis verwandelt es die Sexualität in eine Ware, die jedermann zur Verfügung steht.» Postman kritisiert die schwindenden Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensexualität in den TV-Programmen und in der Werbung.
«Die Zeit» untersuchte die Themen aller Talkshows deutscher TV-Programme in einer Woche - siebenmal stand Sex im Mittelpunkt: von «Meine Eltern sind Pornostars» bis «Ich steh auf Sex mit dem Ex».
Autor Jendrosch greift in «Sex Sells» auf die jüngste Forschung zurück. In den Siebzigerjahren tauchten Begriffe wie «Sperma» oder «Oralsex» in der amerikanischen Presse kaum je auf. «Sperma» kam 1993 in der «Washington Post» 35-mal zur Sprache, 1998 immerhin dreimal mehr - dank Clinton und Lewinsky. Der muntere Präsident trug zur Bereicherung der englischen Zeitungssprache bei.
Die Sexualisierung der Gesellschaft ist paradox: Werbung von Kondomen ist beispielsweise allgegenwärtig. Trotzdem hat 1999 eine britische Studie ergeben, dass jeder vierte Teenager der Überzeugung war, die Pille schütze vor einer HIV-Infektion.
Frauen und Männer sprechen gleichermassen auf das Sex-Marketing an. Aber die Frauen sind anspruchsvoller: «Sie äussern häufig, dass die Medien eine reduzierte und fantasielose Sexualität spiegeln, die sich an Männerwünschen zu orientieren scheint.» Marketing-Spezialist Jendrosch plädiert für «fantasievollere Darstellungen» besonders in der Werbung. Wie er sich das genau vorstellt, bleibt leider sein Geheimnis.
Jendrosch warnt vor «sexueller Ermüdung und Lustlosigkeit». Eine übertriebene Instrumentalisierung der Sexualität mache sie reizlos und als Marketinginstrument nutzlos. Zum Bedauern aller.
Der Durchschnittsmann denkt alle zehn Minuten an Sex. Da er seine Lustbereitschaft naturgemäss nicht so häufig ausleben kann, spricht er auf jede denkbare Kompensation an. Frauen denken nicht ganz so häufig an Sex, aber auch in ihren Köpfen ist das Thema mehrmals täglich präsent.
Das Frustrationspotenzial eines sexuellen Wesens nutzt das Marketing mit Geschick aus. Von der Zigarettenwerbung über die Mode bis zum professionellen Sexgewerbe: In sämtlichen Konsumbereichen ist die Sexualität präsent - Tendenz steigend. Diese These vertritt der deutsche Wirtschaftsberater und Marketingforscher Thomas Jendrosch in seinem soeben erschienenen Buch «Sex Sells.»
«Die gezielte Sexualisierung von Produkten und Dienstleistungen wird sich weiter fortsetzen, denn das Lustprinzip verlangt immerzu nach sexueller Ansprache», konstatiert Jendrosch. Mit andern Worten: Wir sind kleine, unersättliche Sexmonster.
Sexuelle Werbereize «heizen dem Konsumenten ein». Sie entlasten das hemmende Gewissen, indem die Werbung eine entschuldigende Vorbildfunktion nutzt. Zudem bietet das Marketing gezielt lustvolle Ersatzbefriedigungen. Wer nicht kann, möchte so tun als ob.
Anzeigenanalysen zeigen beispielsweise, dass vermehrt Grundmotive wie «Erotik» und «Sexualität» Eingang in die Werbung finden. Allerdings sorgt die selektive Beobachtung von Kulturkritikern oft für eine Überbewertung sexueller Motive: «Man meint zu sehen, was man insgeheim gerne sehen möchte», schreibt Jendrosch. Studien zeigten, dass sich nur wenig wirklich «nackte Haut» in der Werbung findet.
Einen typisch kulturkritischen Ansatz vertritt der US-Medienwissenschaftler Neil Postman: «Das Fernsehen erzeugt in der Bevölkerung ständig ein hohes Mass an flanierender sexueller Energie; aus einem Erwachsenengeheimnis verwandelt es die Sexualität in eine Ware, die jedermann zur Verfügung steht.» Postman kritisiert die schwindenden Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensexualität in den TV-Programmen und in der Werbung.
«Die Zeit» untersuchte die Themen aller Talkshows deutscher TV-Programme in einer Woche - siebenmal stand Sex im Mittelpunkt: von «Meine Eltern sind Pornostars» bis «Ich steh auf Sex mit dem Ex».
Autor Jendrosch greift in «Sex Sells» auf die jüngste Forschung zurück. In den Siebzigerjahren tauchten Begriffe wie «Sperma» oder «Oralsex» in der amerikanischen Presse kaum je auf. «Sperma» kam 1993 in der «Washington Post» 35-mal zur Sprache, 1998 immerhin dreimal mehr - dank Clinton und Lewinsky. Der muntere Präsident trug zur Bereicherung der englischen Zeitungssprache bei.
Die Sexualisierung der Gesellschaft ist paradox: Werbung von Kondomen ist beispielsweise allgegenwärtig. Trotzdem hat 1999 eine britische Studie ergeben, dass jeder vierte Teenager der Überzeugung war, die Pille schütze vor einer HIV-Infektion.
Frauen und Männer sprechen gleichermassen auf das Sex-Marketing an. Aber die Frauen sind anspruchsvoller: «Sie äussern häufig, dass die Medien eine reduzierte und fantasielose Sexualität spiegeln, die sich an Männerwünschen zu orientieren scheint.» Marketing-Spezialist Jendrosch plädiert für «fantasievollere Darstellungen» besonders in der Werbung. Wie er sich das genau vorstellt, bleibt leider sein Geheimnis.
Jendrosch warnt vor «sexueller Ermüdung und Lustlosigkeit». Eine übertriebene Instrumentalisierung der Sexualität mache sie reizlos und als Marketinginstrument nutzlos. Zum Bedauern aller.